Nach einem weiteren Versuch, in das Beratungsgeschäft einzusteigen, musste ich einsehen, dass dieser Beruf und die damit einhergehende Belastung zu diesem Zeitpunkt nicht das Richtige war. Ich war immer wieder enttäuscht von mir, musste andere Leute enttäuschen, und so kam schnell Frustration auf. Es folgte eine lange Zeit mit Krankschreibungen, Klinikaufenthalten und einer Reha, bis ich langsam die Mischung aus Medikamenten hatte, die mir gut zu tun schien. In dieser Zeit habe ich auch einen großen Schritt hin zur Akzeptanz der Erkrankung getan und einen neuen Alltag gefunden. Mittlerweile arbeite ich mit einer 70 %-Stelle noch im selben Unternehmen, jedoch in einer internen Abteilung. Ich habe das große Glück, einen verständnisvollen Arbeitgeber zu haben. Meine Offenheit hat sich ausgezahlt. Mit der reduzierten Arbeitszeit fahre ich sehr gut. Ich fordere mich, ohne meine körperlichen Grenzen zu überschreiten. Ich habe einen Job, der mich inhaltlich erfüllt und mir guttut. In den Nachmittagsstunden und an den Wochenenden kann ich Kraft sammeln. Klar gibt es Tage, an denen mir die Arbeit schwerfällt, aber es gibt auch Tage, an denen ich nach der Arbeit sogar noch Energie habe, mich zu verabreden. Und das sind genau die Glücksstunden, die gegen die Rückschläge wappnen, die wir als CEDler häufiger erleben müssen. Der offene Umgang meinen Kollegen gegenüber hat mir geholfen, mich selbst nicht so unter Druck zu setzen. Natürlich erzähle ich nicht allen im Detail, wie es mir täglich geht. Aber die Aufklärung, dass ich Morbus Crohn habe, erleichtert mir einiges sehr: Ich muss mich nicht doof fühlen, meinen Brei auszupacken, wenn die Kollegen sich Pizza bestellen. Ich muss nicht erklären, warum ich im Büro bleibe, wenn die anderen zum Essen rausfahren, oder wenn ich mitfahre und mir nur ein Getränk bestelle. Ich muss keine blöden Sprüche fürchten, wenn ich mal spontan im Meeting aufstehe und zur Toilette flüchte. Mein Plan sah anders aus. Hätte ich aber verbissen daran festgehalten, wäre ich längst noch nicht so weit, wie ich es jetzt bin. Ich bin froh darüber, dass ich mich aktiv mit der Erkrankung auseinandergesetzt habe und in meinem sozialen und beruflichen Umfeld offen damit umgegangen bin. Mittlerweile geht es mir vielleicht körperlich gar nicht immer besser, aber ich empfinde es so. Denn ich habe gelernt, mit dem Morbus Crohn umzugehen. Ich genieße die schönen Momente intensiver, freue mich selbst über kleinste Erfolge und duelliere nicht mehr mit meinem alten, fitteren Ich. Mein neuer Plan ist: Aufstehen, wenn der Morbus Crohn mich wieder umhauen sollte, und das Beste draus machen!